Kaum zu glauben, wie schnell sich die Landwirtschaft von der Handarbeit bis zur heutigen Mechanisierung, Motorisierung, Rationierung und Spezialisierung verändert hat. Handarbeit bestimmte den Tagesablauf. Waren früher auf den Höfen so um die 3 „Knechte“ und 2 „Mägde“ beschäftigt, dazu auch noch „Tagelöhner,“ so gibt es heute fast überall nur „Ein Mann-Betriebe.“
Winterarbeit vor und nach dem Krieg, in der Landwirtschaft war Hofarbeit. Die Betriebe hatten sowohl alle Kühe und Schweine. Im Sommer war die Fütterung einfach. Weidegang erleichterte im Sommer die Arbeit. Vorrat für den Winter musste geschafft werden. Zuckerrübenblatt vermischte man mit Nassschnitzel von der Zuckerfabrik und wurde in Silos gelagert. Heute kaum zu verstehen, jede Zuckerrübe die in die Zuckerfabrik kam, ist mindestens einmal mit der Hand bewegt worden. Eingemietete Steckrüben und Runkelrüben dienten als Futter für Kühe und Schweine im Winter. Mit der Handmühle „Röbenmöhl“ zerkleinerte man diese täglich. Heu und Haferstroh war Futter für Pferde und Rinder. Hafer auf der Schrotmühle geschrotet diente zur Schweinemast, dazu gekochte Kartoffel. Häcksel und Hafer benötigten de Pferde. Füttern und melken, tränken alles Hofarbeit.
Winterarbeit war neben der normalen Hofarbeit, Dreschen, Mist ausbringen und Holzmachen. Wenn es die Witterung zuließ, sortierte man auch eingelagerte Kartoffel. Ende des Winter streute man Dünger von Hand, Kalk, Kali, Thomasmehl, Stickstoffdünger. Selbst Kalkstickstoff wurde früher von Hand gestreut. Walzen und Kettenstreuer kamen zum Einsatz. Zapfwellen getriebene Kreiseldüngerstreuer. In den fünfziger Jahren ersetzten bald die Handarbeit. Dreschen mit dem Flegel gehörten der Vergangenheit an. Lohndrescher mit Ihren Dampfmaschinen verschwanden nach der Elektrifizierung. Fast alle Bauern hatten bald eine Dreschmaschine. Im Winter wurde gedroschen, oder wie wir es sogar nannten „maschint.“ Überall hörte man es im Dorf, wenn gedroschen wurde. Die Jahre kurz nach dem Krieg durfte nur ein Betrieb jeweils zu gleicher Zeit im Dorf dreschen, weil elektrischer Strom knapp war, es gab immer wieder Stromsperren. Zum Dreschen wurden jeweils 7 und mehr Leute benötigt. Aus der „Banse“ beförderten man je nach Entfernung 3-4 Mann die Garben zur Maschine. Dort auf der der Dreschmaschine nahm ein Mann sie an und die reichte die Garben zum Einleger, „Inschütter“. Ein Mann musste die Säcke abnehmen und abstellen, einer anderer war mit dem Kaff beschäftigt. Weitere Leute waren beschäftigt die Strohbunde dann wegbringen.
Ab etwa 1950 begann dann die Zeit der Mähdrescher. Bis dahin wurde ja das ganze Gewicht der Ernte mehrfach per Hand bewegt bis das Korn durch die Dreschmaschine ausgedroschen wurde. Vom Felde her, einlagern, („bansen“) bis zum ausdreschen, konnte das bis zu 15 mal sein. Mist ausbringen war eine weitere Winterarbeit. Gesammelter Mist kam nach und nach auf dem Mistberg, oder in die „Meßkuhl.“ Tiefställe mussten von Zeit zu Zeit ausgemistet werden. Wenn nicht zu viel Schnee lag, fuhr man den Mist auf die Felder. Alle sechs Schritt wurde einen kleinen Haufen vom „Messwagen“ heruntergezogen. Wer kennt heute noch die Felder mit den Misthaufen? Von Hand, mit der Forke, wurden diese Haufen möglichst gleichmäßig verteilt, wenn das Wetter es einigermaßen zuließ. Es galt damals der Spruch: „Keen Schwien ut’n Huus to jagen, Lüüd gaht nan Meßschmieten.“ An frostfreien Tagen pflügte man dann die Felder, 2 Morgen am Tag, das war Satz. Besser gesagt, pro Tag in der Pflugfurche hinter den Pferden laufen. Das waren 20 Kilometer pro Tag! Ab etwa 1950 gab es dann, vom Trecker angetriebene Dungstreuer (Standart-Werk Bevensen). Von da an war „Meßstreun“ von Hand nicht mehr nötig. Nachdem in den Ställen nach und nach die „Spaltenböden“ in den Ställen eingebaut wurden, war die Zeit der Düngung mit Mist ganz und gar vorbei. Gülle wird nun auf die Äcker verteilt oder zu Biogas verarbeitet.
Holz machen, war die wohl wichtigste Winterarbeit. Am Tag nach Weihnachten hieß es bei uns in Groß Hesebeck, durchforsten in der Interessentenforst. Alle Bauern schickten die Leute zum „Durchforsten“ in den Gemeinschaftswald. Grubenholz begehrt, kauften Holzhändler. Schon 1938 gründete man im Landkreis Uelzen die Waldmärkerschaft, um gemeinschaftlich bessere Verkaufserlöse zu erzielen. Deren Förster gaben Anweisungen für eine Erfolgreiche Bewirtschaftung der Wälder. Grubenholz war gefragt, fuhr man nach Bevensen, Weste oder Suderburg usw. zum Verladen. Täglich konnte man mehrere Holzwaggons auf dem Bahnhof sehen, die ins Ruhrgebiet befördert wurden. Nutzholz kauften vor allem auch die hiesigen Sägewerke, wie Zimmerei Klatz, Zimmerei Schröder, sowie Holzhändler Frenz in Bad Bevensen. Eigenverbrauch an Holz, war besonders wichtig. Richtig mollige Wärme spendeten in früheren Zeiten die Kachelöfen. Wenn es kalt war, stellte man sich mit dem Rücken an den Kachelofen. Jeder Kachelofen hatte meist auch eine Bratröhre, in die man den Kaffeetopf stellte, um den Kaffee warm zu halten. Auch legte man dort den „Warmstein“ hinein, den man dann, in den damals noch überall ungeheizten Kammern, ins Bett legte. Bratäpfel konnten, wenn der Ofen gut geheizt war, in der Bratröhre gebacken werden. Die Öfen aber schluckten eine Menge Holz. Brennmaterial war neben Torf vor allem Kieferholz.
Aber auch die Küchenherde und ganz besonders die Futterküchen mit ihren Mauerkesseln, („Muurkettel,“) brauchten das ganze Jahr Holz. Gerade in der Futterküche wurden ja Tag für Tag Kartoffel für die Schweine gekocht. Ab etwa 1950 gab es zwar „Dämpfkolonnen,“ die in großen Kesseln Kartoffeln dämpften, um sie in Kartoffel-Silos, „Kartüffelsilos“ einzulagern. Trotzdem musste Wasser im Kessel heiß gemacht werden, um die Silage zu füttern. In der Küche war klein gehacktes Birkenholz und Erlenholz gefragt. In der Futterküche auch Kiefernholz und „Buschwasen.“ Buschwasen waren klein gehackte Zweige, die mit einem Strohband gebündelt wurden. Buschwasen aus Kiefernholz eigneten sich besonders gut zum Anzünden des Feuers. Holz machte viel Arbeit. Zunächst wurde es im Wald abgesägt mit der „Karfsaag“ oder mit der „Böggelsaage.“ Erlenholz fällte man mit der Axt. Langholz wurde mit Kastenwagen oder „Brettwagen,“ die, wie in der Ernte die Leiterwagen, mittels Zwischenstück verlängert wurden, zum Hof gefahren. Um schwere Bäume aufzuladen, legte man „Ladebäume“ von der Seite an den Wagen. Mit der Hand oder bei per Seilzug mit Pferdekraft, zog man die Stämme seitlich auf den „Langwagen.“ Auf dem Hof wurden die Bäume mit der Handsäge oder „Kreissäge“ in kleine Stücke geschnitten und gespalten. Tagelang, wenn Zeit war, hieß es im Winter „Holzhacken.“ Den ganzen Sommer über trocknete es in Holzstapeln, so genannte „Holt-Diemen,“ bevor es in den Holzschuppen kam. Es gab kunstvoll gestaltete Runddiemen. In den Kriegs und in den Nachkriegsjahren war Holz besonders knapp. Kohlen gab es nur auf Bezugsscheine. Von mit Kohlen beladene Züge, wenn diese anhalten mussten auf der Strecke, holten sich die Leute die Kohlen einfach herunter. Der Begriff „Kohlenklau“ war allen bekannt. Dort, wo Signale den Zug oft zum halten brachten, standen Leute und warteten mit Säcken auf Kohlenzüge.
Kurz nach dem Krieg, bis etwa 1950 wurde in Hesebecker Moor wieder Torf produziert. Die vielen Flüchtlinge und andere Einwohner, besorgten sich Holz aus den Wäldern. Abgestorbene Äste und trockene Bäume durfte man sich, mit Genehmigung der Besitzer, immer als Brennholz holen. Es kam aber vor, dass Leute sich, der Not gehorchend, auch heimlich Holz besorgten. Holz war so knapp, dass selbst die Stubben ausgegraben wurden. Mit dem „Waldteufel,“ einer handbetriebenen Winde ging es natürlich leichter. Große Stubben sprengte man mit Schwarzpulver. Trockene Bäume und Äste im Wald waren kaum noch zu finden. Selbst die herabgefallenen Kiefernäpfel sammelte man um Feuer zu machen.
Holzauktionen auf den Dörfern gab es in der damaligen Zeit nach Weihnachten. Auktionator Meyer war Junggeselle, von Beruf Stellmacher, hatte sein Haus in der Medinger Straße in Bevensen, dort wo heute die Volksbank ist. Er versteigerte, wenn in Bevensen Jahrmarkt war, Sachen die Leute zu ihn brachten, meistbietend. Auch Felder, die Bauern zum verpachten anboten, verpachtete er im Auftrag der Besitzer. Als Junggeselle in Bevensen mit nichts angefangen, besaß er später drei Höfe. Bei einer Auktion zum Jahrmarkt sollte er mal einen Eichensarg versteigern. Keiner wollte ihn haben. Er behielt ihn selber, weil er nicht verheirate war, kaum Verwandte hatte und brachte den Sarg auf dem Boden.
Wie 1945 die Engländer Bevensen besetzten, holte er diesen Sarg vom Boden in die Stube, setzte ihn auf zwei Schemel, stellte oben zwei Leuchter darauf und zündete die Kerzen an. In den Sarg hatte er seine ganzen Wertsachen gelegt. Als nun die Engländer ins Haus stürmten, saß Otto Meyer im schwarzen Anzug am Sarg. Die Engländer stutzten und sagten: „Your Wife.“ Otto Meyer nickte mit dem Kopf, die Engländer gingen still und schweigend aus dem Haus. Bei ihm wurde nichts geplündert. Der kluge Auktionator hatte alle seine Wertsachen gerettet. So ist er wohl einer der wenigen, wo sich der Sarg schon zu Lebzeiten bezahlt gemacht hat. Holzauktion im Hesebecker Moor machten wir zum letzten Mal 1950. Erlenbruchholz versteigerte man, wenn es ordentlich gefroren hatte. Das Holz musste oft mühsam auf der Schulter am Rand des Holzes getragen werden, denn das Moorgebiet war kaum befahrbar.
Mehrere Bäume die zusammen standen, bekamen eine Nummer. Die Rinde der Bäume wurde anschnitten, mit einem Blaustift mit der selben Nummer eingezeichnet, bildeten sie so ein Los. Wir sagten dazu ein „Kabel“ Die Kabel wurde dann meistbietend an Interessenten verkauft. Otto Meyer notierte alles in seinem Buch. Der Verkauf wurde vorher in der Zeitung bekannt gemacht. Käufer waren, Tagelöhner und wie es damals hieß „Kleine Leute, Flüchtlinge aus dem Dorf und den Nachbardörfern. Auch Handwerker und Hausbesitzer aus Bevensen kamen als Käufer.
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