Quelle:

Text: Kurt Ernst, Manuskript: StadtA BB, A03, A2218-2015/049, Veröffentlicht: im „Blickpunkt“ am 21. Februar 2003.

Die dargestellten Beiträge Dritter dienen der Erleichterung einer weiteren Recherche. Wir empfehlen die Sachverhalte und insbesondere Datumsangaben und Namen immer zu überprüfen.

Das Hotel „Stadt Hamburg“ 

Als 1847 die Eisenbahnlinie über Bevensen gebaut wurde, beflügelte dies die hiesigen Branntweinbrenner zum Bau von Gaststätten mit Ausspann und Hotelbetrieb. So entschloß sich der Gastwirt Herbert, die Gelegenheit zu nutzen, und das Haus Nr. 129 in der Bahnhofstraße von Ernst Wilhelm (Haus 21 in der Bergstraße) zu erwerben. Er plante, auf diesem Grundstück ein Bahnhofshotel zu bewirtschaften. Seine Arbeit und seine Kenntnisse reichten hierfür wohl nicht ganz aus. Daher erwarb 1872 der frühere Oberkellner Wilhelm Sartori aus Lüneburg das Grundstück in Bahnhofsnähe und erbaute den Hotelbetrieb entsprechend den damaligen Verhältnissen, wie es auch späterhin bekannt wurde. Er hatte Erfolg.
Leider interessierten sich seine Kinder nicht für die Gastwirtschaft. Ab 1855 übernahm der Gastwirt Fritz Keupler für einige Jahre als Pächter den Betrieb. Nur wenige Jahre später übergab er 1889 Wilhelm Neumann aus Hannover das gesamte Gelände mit Grundstück und Hotelbetrieb. Der neue Besitzer führte verschiedene Erweiterungen und Ergänzungen durch, so gestaltete er 1911 den Garten hinter dem Haus als Konzertgarten um. Zuvor hatte er die Gastwirtschaft aufgestockt für Fremdenzimmer. So wurde das Haus als „Naumanns Hotel“ bekannt.
Als nächstes ließ er an die Gastwirtschaft einen Saal anbauen für örtliche Veranstaltungen jeglicher Art. Der Zugang war nur von der Gastwirtschaft aus möglich in relativ niedriger Höhe. Von der Straße war der Saal sehr einfach gehalten.
Der große Garten wurde erweitert und war noch viele Jahre später „Naumanns Garten“. Die rechts bestehende alte Fachwerkscheune mit dem dazugehörigen Garten blieb erhalten. Wilhelm Neumann hatte mit dem Hotel und der Gastwirtschaft guten Erfolg. Leider ging es ihm jedoch wie seinem Vorgänger Sartori: seine Kinder waren in anderen
Berufen tätig und hatten am Hotel kein Interesse. So war er 1914 bereit, seinen Betrieb mit dem sehr großen Garten zu verkaufen. Da war es ihm sehr passend, daß der Oberkellner vom Hotel Stadt Hamburg, Uelzen, Emil Dreusicke (sen.) alles übernahm. Emil Dreusicke gab als erstes dem Hotel den Namen „Stadt Hamburg“ und führte die notwendige Modernisierung von Haus und Saal durch. Er war sehr erfolgreich durch seinen Fleiß und seine Aktivität. Die Schützengilde war schon immer ein wichtiger Mittelpunkt der Stadt. Auch Emil Dreusicke wurde Mitglied und wurde sogar 1896 Schützenkönig.
1952 übernahm sein Sohn die „STADT HAMBURG“. Emil Dreusicke jun. war sehr im Sinne seines Vaters an der Weiterführung des Betriebes interessiert. Er schaffte es, daß nicht nur Fremde von auswärts zu ihm kamen, sondern auch die Bevenser besuchten oft und gern seine Gastwirtschaft, und auch hiesige Vereine tagten dort und konnten für ihre Veranstaltungen den großen Saal mit der Bühne benutzen. So war für die Jägerkompanie von der Schützengilde die STADT HAMBURG das Tagungshaus. – Familienfeier fanden im kleinen Saal rechts statt.

Zum Schützenfest war STADT HAMBURG auch immer aktiv. Dabei gab es auch einen besonderen Spaß. So verfügte seine Mutter einmal, daß das Klavier von oben über den Saal auf die Bühne für eine Veranstaltung transportiert werden
sollte. Das mußte noch am gleichen Tage geschehen. Sie ging weg, als sie nachts zurück kam, stellte sie fest, daß das Klavier noch am Abend auf die Bühne gebracht worden war. Ihr Sohn hatte vier seiner Freunde eingeladen mit Auflage, das Klavier zu transportieren. In Bevensen haben sich viele über die Art der Erledigung amüsiert.

1928 baute Emil Dreusicke im neuen Strandbad eine Strandhalle mit Kaffeeausschank. Als die Schützenkompanie ihr 100-jähriges Jubiläum hatte, feierte diese mit einem umfangreichen Essen im Saal von STADT HAMBURG. Danach fand das Abwaschen des Geschirrs in einem Waschkessel am Anfang des Gartens neben der Küche mit vielen Helfern statt.
Sein Sohn Emil war genauso aktiv und erfolgreich wie sein Vater. Aber die Zeit ging weiter. Der Kurbetrieb führte zu Neubauten, mit denen STADT HAMBURG nicht mehr ohne große Veränderungen mithalten konnte. Eine Modernisierung wäre zu aufwendig geworden, deshalb entschloß sich Emil Dreusicke schweren Herzens, das Hotel mit den Zusatzbauten und dem rechtsstehenden Fachwerkhaus total abreißen zu lassen. Im Garten wurden Wohnhäuser erbaut und vorn an der Straße ein Wohn- und Geschäftsblock mit Blick zum Wilhelmsgarten. Für diese umfangreichen Bauten waren 2 Architekten tätig. Leider hat Emil Dreusicke den Neubau nur kurz überlebt. Er starb 1974.
Den älteren Bevenser Einwohner ist STADT HAMBURG mit dem guten Essen noch in sehr guter Erinnerung. Ganz besonders wird bedauert, daß der Saal für Veranstaltungen verschiedener Art nicht mehr vorhanden ist.

5 Kommentare
  1. klaus stannek sagte:

    hallo ich ging mit emil dreusicke in die fritz reuther schule . erinnere mich noch gern an das kinderschuetzenfest , meine tanzstunde und viele veranstaltungen dort . meine eltern hatten zu dieser zeit das cafe heidekrug bergstr. 15 bewirtschaftet von 1955 bis 65 . mich hats dann nach hannover verschlagen bin gartenbauarchitekt geworden beste gruesse in die alte heimat

  2. Dr. Michael Borris sagte:

    Da kann ich mich nur anschließen : In den Ferien der Jahre 1955 bis 1959 hat mich mein Großvater
    (der Fotograf Walter Borris von gegenüber, Bahnhofstr. 11) sonntags vormittags zu „Dreusicke“ mitgenommen. Cognac und Erdnüsse. Er ersteres, ich letztere…..

  3. Birgit Ahders sagte:

    Nicht zu vergessen die Theatervorstellungen, die Konzerte, die Tanzschule am Nachmittag und die wunderbaren Abschlussbälle. Auch der MTV feierte seine Faschingsbälle bei Dreusecke. Und die niederdeutsche Dichtertagung fand auch alljährlich im Saal statt.

    • Hein Maack sagte:

      Ich habe 1967 meine Ausbildung bei Dreusickes erhalten, die Zeit war die schönste meiner Jugend. wenn ich den hässlichen Betonklotz Sehe, der heute an der Stelle steht, bekomme ich Wehmut

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