Quelle:

Text: Kurt Ernst, Manuskript: StadtA BB, A03, A2218-2015/049, Veröffentlicht: im „Blickpunkt“ am 14. März 2003.

Die dargestellten Beiträge Dritter dienen der Erleichterung einer weiteren Recherche. Wir empfehlen die Sachverhalte und insbesondere Datumsangaben und Namen immer zu überprüfen.

Der Bevenser Bahnhof

Wenn man heute den Bevenser Bahnhof sieht, kann man sich gar nicht vorstellen, daß dieser bei seiner Erbauung 1847 den damaligen Bevensern keine Freude gemacht hatte. Auch änderte sich diese Einstellung nicht durch das Aussehen des Bahnhofs mit dem kleinen netten Turm. Wie alte Veröffentlichungen berichten, hatte der Ärger der damaligen Einheimischen verschiedene Gründe: Der Bahnhof wurde wie damals allgemein üblich am Stadtrand erbaut. Die Gefährlichkeit bei schnellen Eisenbahnfahrten mit Lärm, Staub und donnerndem Getöse ließ nur die Streckenführung am Stadtrand zu. Ferner nahm der nun mögliche Gütertransport den einheimischen Fuhrleuten Lohn und Brot. Man hatte auch das Gefühl, daß bei der Bahn nicht kontrolliert werden konnte, ob die gesamte Sendung vollständig versandt wurde und auch heil am Zielort ankam. Ferner wurde befürchtet, daß man selbst und auch das Reisegepäck durch die schnelle Fahrt zu Schaden kam.

Bevenser Bahnhof um 1885

Der Bahnhof in Bevensen um 1885

Güterversand und Sommerfrischler

Diese Einstellung und Skepsis änderte sich mit der Zeit. Für den Güterversand wurde der Güterbahnhof eröffnet. Auch kamen nun Gäste und Sommerfrischler per Bahn nach Bevensen, die der „Hausknecht“ mit dem Gepäck vom Bahnhof abholte und zum Gasthof „Naumanns Garten“ für ein passendes Trinkgeld brachte. Eine Bahnreise war früher nicht so bequem. Zunächst benötigte man – wie auch heute noch – eine Fahrkarte, aber für die Begleitung zum Zug war eine Bahnsteigkarte erforderlich. Auch der Bahnhof Bevensen hatte – wie damals allgemein üblich – eine Sperre, an der Fahrkarte und Bahnsteigkarte gelocht wurden. Erst dann konnte man in den wartenden Zug einsteigen, allerdings mußten vorher am Coupe 3 Stufen erstiegen und dabei die Tür geöffnet werden, wie man dies heute noch an den Museumswagen beobachten kann. – Zum Zug nach Uelzen mußte man die Gleise überqueren, um auf die andere Seite zu kommen. Dies war noch über 100 Jahre später üblich.

Auch die Post benutzte nun die Bahn zum Transport ihrer Sendung, da die Züge schneller als die alten Pferdewagen waren. Der Kontakt der Bevölkerung zum Bahnhof verbesserte sich zusehends. Auf dem Foto 2 von 1907 ließen sich Bahnhofsvorsteher und Fahrgäste auf dem Bahnhof fotografieren. Wie schon erwähnt, brachte der Bahnanschluß nach Bevensen mehr Gäste und Sommerfrischler, so daß sich Bevensen so nach und nach zu einem Luftkurort entwickelte. Ein besonderes Ereignis soll nicht unerwähnt bleiben: wenn der Kaiser zur Jagd in die Görde fuhr, nahm er zunächst den Zug bis Bevensen, da in die Görde kein Bahnanschluß existierte. Schon Tage vorher war bekannt, daß der Kaiser in Bevensen ankam. Die Bevenser Bevölkerung wurde vom Amt Medingen und vom Bevenser Bürgermeister aufgerufen, zum feierlichen Empfang am Bahnhof zu erscheinen. Vom Bahnhof fuhr der Kaiser mit der Kutsche über die Gördebrücke zur Jagd. Natürlich fuhr der Kaiser nicht nur 1908 zur Jagd, sondern des Öfteren und gern. Auch eine andere Begebenheit soll nicht unerwähnt bleiben. Am 21.06.1931 vormittags fuhr durch Bevensen der „Schienen-Zepp“, eine Schnellverbindung zwischen Hamburg und Berlin. Zu diesem Zweck wurden die Schulkinder zum Bahnhofsgelände geführt, damit auch sie den „Schienen-Zepp“ sehen konnten. Dieser erzielte auf der neu erbauten Strecke Celle – Langenhagen, der so genannten „Hasenbahn“ einen Rekord von 233 km/h mit einem 600 PS Verbrennungsmotor.

D0101d 0023 - Schienenzeppelin Am 21.061931 fuhr der Schienen-Zepp vormittags durch Bevensen.

Die „Hasenbahn“ mutete in den 30er Jahren futuristisch an

Der Bahnhof mit dem Gelände in der Straße Am Bahnhof überstand alle Zeiten. Der Streifen entlang dem Bahnhof hatte mehrere Gärten für Bahnangestellte, u.a. war auch ein kleiner Garten direkt neben dem Bahnhof mit einem Feuerlöschteich, der nur wenige Jahre bestand, da ein Mann in ihm ertrank. Jetzt sind dort Parkplätze für Bahnangestellte.

1968 erfolgte die Elektrifizierung der Strecke. Auch ist für den Bahnhof kein Bahnhofsvorsteher mehr vorgesehen. Die Schranken in der Lindenstraße waren wegen der schnellen und vielen Züge nicht mehr zeitgemäß. Darum wurde 1982 ein Tunnel für den Bahnsteig 2 und nach Bevensen-West gebaut. Eine Brücke statt dessen entfiel, weil u.a. zu viel Stufen erforderlich waren nach Rücksprache mit dem damaligen Bürgermeister Hermann Meyer. Nun entfiel die Gepäck- und Expreßgut-Abfertigung. Dafür wurde die Fahrkartenausgabe vergrößert und modernisiert und mit freundlichen Damen besetzt. Durch den Tunnelneubau waren neue Schilder erforderlich. Leider war so manches Schild nicht leicht verständlich. So war auf einem Schild ein Pfeil nach oben. Dadurch entstand die Annahme, daß es sich um eine spätere Streckenführung der Magnetschwebebahn von Hamburg nach Hannover mit Haltepunkt in Bad Bevensen handeln könnte. Auch andere Schilder waren auf den ersten Blick nicht leicht verständlich. Lange Zeit fehlte ein Hinweis wie man vom Bahnsteig 2 in die Stadt gelangen konnte. Erst 1999 wurde ein entsprechendes Schild über dem Treppenabgang zum Tunnel auf private Initiative angebracht. 1988 wurde ein ebener Abgang vom Bahnsteig für Behinderte erschaffen, leider zuerst ohne Pflaster und Licht. Mit dem späteren Ausbau des westlichen Bahnhofsvorplatzes wurde dieses Manko beseitigt. – Der Passagierausgang nach Bevensen-West entspricht nun allen heutigen Erfordernissen.

Ein Minuspunkt ist im Bahnhofsgelände noch vorhanden. Eine nicht benötigte Tür im Bahnhofsgebäude ist mit Brettern wie einst nach dem Kriege vernagelt worden. Wie aus dem Geschilderten entnommen werden kann, hat der Bahnhof Bevensen eine interessante Vergangenheit, und wir hoffen alle, daß für ihn die Zukunft nicht minder interessant wird.

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