Quelle:

Text: Pastor Ulrich Bahrs, Die Bevenser Landgemeinde und ihre Pfarre, 1911-1945, S. 21 f. (handschriftliches Exemplar)

Die dargestellten Beiträge Dritter dienen der Erleichterung einer weiteren Recherche. Wir empfehlen die Sachverhalte, insbesondere Datumsangaben und Namen immer zu überprüfen.

Hexenglaube: Verhextes Vieh und das 6. Buch Mosis 

Der nachfolgende Bericht ist ein Auszug aus den Aufzeichnungen des damaligen Pastors Ulrich Bahrs 

Wie steht es mit der religiösen Anlage? Zu Grunde liegt als Nährboden das Gefühl für die Numinose, wie man heute sagt. Theoretischer Materialismus liegt dem Heidjer nicht, das Praktische schon viel eher. Geister und besonders Geister, Dämonen, Hexenwesen erkennt er alsbald an. Diese ganze Unterschicht haben die meisten Pastoren wohl in ihrer Bedeutung gar nicht gesehen. In Wirklichkeit liegen diese Dinge so nahe unter der Oberfläche, wie die Handknochen unter der Haut.

Hexenglaube auf dem Land

Aufzeichnungen des Pastors Ulrich Bahrs berichten von Hexenglaube und Schadenzauber

Später interessiert vielleicht einige Ausführlichkeit an dieser Stelle. Namen könnte ich überall hinzusetzen, unterlasse es aber doch wohl lieber.

In Heitbrack wurde ein neuer Schweinestall ohne Aussentüren gebaut, um Behexungen möglichst vorzubeugen. In Bruchtorf litt das ganze Dorf schwer unter einer Familie. Ein angesehener Mann, gleichen Namens mit jener Familie, erzählte mir, er sei einmal dort gefahren. Jene Frau hätte am Wege gestanden und ihm gesagt, er solle auf der andern Strassenseite fahren. Das nächste Pferd sei dann an jener Stelle verunglückt. Früher ging der Fussweg zwischen den beiden Birkenreihen rechts. Seitdem er als behext galt, ist er umgangen. Als ich die Alten begrub, ging ein Aufseufzen durch das Dorf. Solche Leute können nach der Volksmeinung nicht leicht sterben. Sie müssen ihre Gabe oder ihr Wissen erst an einen anderen und zwar anderen Geschlechts abgegeben haben.

Im Gemeindehaus starb eine alte Frau, die in ihrer Handtasche ein Geheimnis gehütet hatte. Man fand bei ihr das 6. Buch Mosis, das bekannte Hexenbuch. Ins Feuer wagte man das Buch nicht zu tun, der Ofen würde platzen. Es ist mit der Frau begraben. In Addenstorf erzählte mir an der Hochzeitstafel ein frischer junger Mann, seine Pferde hätten wohl in der Scheune aber im Stall nicht mehr fressen wollen. Er habe sich aus Ülzen besprochene Holzteilchen geholt und sie ans Geschirr getan, da sei die Sache in Ordnung gekommen. Als eine zuhörende Frau lebhaft protestierte, sagte er: „Wenn ihr in eurem Dorfe niemanden habt, der sowas macht, wisst ihr das eben nicht, erlebt ihr es.“

In Emmendorf zeigte mir ein Mann kleine Tuben, die er unter die Stalltür legte, zum Schutz gegen die Hexen. Ebenda erzählte mir eine Frau, die Frau in Ülzen habe ihr im Kristall ihre Feindin gezeigt, die ihre Ziegen behexte.

Ein früherer Kirchenvorsteher klagte einem anderen jungen Kirchenvorsteher, den ich sehr schätze, er könne seine Schmerzen nicht mehr ertragen. Er solle ihm in Lüchow Abhilfe verschaffen. Der fuhr hin und bekam die Zusicherung, mit Sonnenuntergang sollten die Schmerzen fort sein. So war es dann.

Noch in diesem Jahre (1935) waren alle Bauernfamilien eines sehr kirchlichen Dorfes voll überzeugt, dass eine junge Bauernfrau sie und ihr Vieh behexe. Köstlich ist der klassische Ausspruch eines Dorfoberhauptes zur Sache: „I glöw dat ja nich, aber wohr is doch“.

Wie denken sich die Leute das alles? Die Übeltäter brauchen auch Mittel. In der Bevenser Apotheke kann man für Billiges „aller Menschen Ärgernis“ kaufen!! Daneben geht aber richtiger Zauberglaube und Anrufung dämonischer Mächte. Und das ist dann die Hauptsache. Dasselbe, was die vorchristlichen Vorfahren so furchtbar geängstigt hat, das erfüllt noch jetzt die ganze Lüneburger Heide, während im Osnabrücker Lande, das ich gut kenne, der ganze Spuk viel mehr verschwunden ist. Wie verhalte ich mich dazu? Ich wende zuerst alle natürlichen Gründe gegen Aberglaube und Leichtgläubigkeit an! Aber ich erkläre nicht, dass es auf diesem Gebiete gar nichts gäbe. Man dürfe sich aber absolut nicht damit abgeben! Nicht alles ableugnen, aber jede Betätigung verbieten. Erregt dieser Standpunkt bei aufgeklärten Lesern Entrüstung? Es ist jedenfalls entsprechend der Meinung des Alten und neuen Testaments! Diese Wahrheit sollte zu denken geben. (…)

Was denken Sie über Hexenglaube und Schadenzauber? Sind Ihnen weitere Fälle (auch überregional) bekannt? Dann teilen Sie diese bitte über die Kommentarfunktion mit uns!

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