Beim Fällen einer Eiche erschlagen
Baumfällarbeiten gehören auch heute noch zu den gefahrenträchtigsten Tätigkeiten, bei denen leider regelmäßig Unfälle passieren. Aufzeichnungen des verstorbenen Heimatforschers Eduard Felsberg berichten von den tragischen Ereignissen des Jahres 1919, als im Klosterwald zwei Menschen zu Tode kamen.
Medinger Holzhauer beim Hieb im Weinberg (Klosterholz) im März 1914; vorn rechts: Förster und Forstschreiber Hirt, Holzhauer Schwinge
Es geschah am Vormittag des 14. Novembers 1919 im „Weinberg“: Forstarbeiter der damaligen Oberförsterei Medingen zogen in ein Waldstück um Holz einzuschlagen. Noch ahnten sie nicht, dass sich eine Katastrophe anbahnte, die zwei Menschenleben kosten würde.
Der Förster Hermann Gerber gab die Anweisung zum Fällen einer mächtigen Eiche, die sich nördlich des Klosters Medingen befand. In der Nacht zuvor hatte es stark geschneit. Der Schnee lag massenhaft auf dem noch festen Herbstlaub, als die große Schrotsäge in Handarbeit durch den Stamm gezogen wurde. Gerber beobachtete die Arbeiten aus sicherer Entfernung, auf einen Spazierstock gestützt und seinen großen braunen Jagdhund an der Leine. Alles lief nach Plan, als die Arbeiter kurz vor 11 Uhr ihr Werk vollendeten. Langsam neigte sich die Eiche in die vorgesehene Fallrichtung. Krachend bahnte sich die Baumkrone ihren Weg Richtung Hang. Massenhaft Schnee stieb herab, als die Arbeiter zurückwichen um einen sicheren Bereich aufzusuchen. Die dichte weiße Wand versperrte jedoch die Sicht auf den fallenden Baum, der währenddessen eine schwächere und innen morsche Eiche unter großer Spannung zur Seite drückte. Nachdem der gefällte Baum wie beabsichtigt über dem Fahrweg zum Liegen kam, schnellte die zur Seite gedrückte Eiche zurück und brach. Die Krone stürzte herab und begrub den Förster Gerber sowie den 45jährigen Waldarbeiter Carl Louis Johannes Kirk unter sich. Erst als die Sicht besser wurde, nahmen die Umstehenden das Ausmaß der Tragödie wahr und begannen die Verunglückten zu bergen. Kirk sah äußerlich unverletzt aus, verstarb aber dennoch vor Ort an seinen inneren Verletzungen. Später fand man nur einen blauen Fleck an seinem Rücken. Hermann Gerber blutete aus Mund, Nase und Ohren, als er von den übrigen Forstarbeitern aus dem Gewirr von Ästen und Zweigen befreit werden konnte. Hastig brachten sie ihn in das Forsthaus, in der heutigen Mühlenstraße, gleich rechts hinter der Eisenbahnunterführung. Forstsekretär Otto Hirt schickte nach einem Arzt und wachte besorgt am Bett des Verunglückten. Aber vergebens: Noch bevor Hilfe aus Bevensen eintraf, verstarb auch Gerber an seinen schweren Verletzungen. Der 56jährige Förster hinterließ eine Frau und drei Kinder. Auch der Hund des Hegemeisters konnte nur noch tot aus dem Astgewirr geborgen werden.
Ein vom damaligen Verkehrs- und Verschönerungsverein errichteter Gedenkstein an der Unglücksstelle, erinnert auch heute noch an das Schicksal der beiden Forstleute. Die Inschrift wurde in späterer Zeit erneuert, da die ursprüngliche Botschaft den Hund des Försters etwas unglücklich in den Vordergrund schob. Sie lautet heute:
„Am 14.11.1919 wurden hier durch einen unseligen Zufall beim fällen einer Eiche erschlagen: Hegemeister Gerber und sein treuer Waldarbeiter Kirk Medingen.“
Dieses Unglück sollte nicht der letzte Schicksalsschlag für die Familie Gerber sein. Hans, der Sohn des verunglückten Hegemeisters, war später selbst als Förster in Oerrel tätig. Dessen Frau und das Dienstmädchen wurden 1923 in der Försterei ermordet.
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