Amtliche Bekanntmachungen auf dem Dorf
Bis in die fünfziger Jahre gab es in Bevensen noch einen Ausrufer, »Klingelmeyer« genannt, der u. a. amtliche Bekanntmachungen, besondere Veranstaltungen, Versteigerungen usw. an bestimmten Plätzen im Ort ausrief. Viele Jahrhunderte lang gab es in den größeren Orten Ausrufer. Sie kündigten sich der Bevölkerung durch die verschiedensten Signale an wie z. B. Handglocken, hölzerne Knarren, Trommeln, Hörnern usw. Es gab aber auch andere Möglichkeiten, die Einwohner kleinerer Gemeinden über wichtige Dinge zu informieren.
Bis in die dreißiger Jahre unseres Jahrhunderts waren in einigen Dörfern der Lüneburger Heide noch die sogenannten Burknüppel oder Dörpsknüppel im Gebrauch. Diese Knüppel wurden mit einer Nachricht versehen von den Gemeindevorstehern in Umlauf gebracht. In einer genau vorgeschriebenen Reihenfolge wanderten sie von Hof zu Hof. Die auf den Knüppel geheftete Nachricht mußte den Leuten auf den Bauernhöfen vorgelesen werden, soweit sie nicht den Hofbesitzer selber betraf. Wer die Weitergabe vergaß oder die Übermittlung der Nachricht böswillig verzögerte, hatte eine Strafe zu zahlen. Zuweilen gab es in den Dörfern auch Burknüppel in verschiedenen Formen, unterteilt für Voll- und Halbhöfer, Anbauern und Abbauern oder Brinksitzer. Es gab Knüppel auf welche eine Nachricht aufgeheftet wurde, dann gab es auch solche, die innen eine Aushöhlung besaßen – mit oder ohne Verschraubung – , in welche das amtliche Schreiben hineingesteckt werden konnte. Im Museum Schliekau befinden sich zwei dieser selten gewordenen Stücke; selten deswegen, weil die meisten durch Wurmfraß vernichtet worden sind. Auch die Nachricht auf dem abgebildeten Burknüppel ist kaum noch zu entziffern. Sie lautet:
Bekanntmachung
»1. Um in den Genuß der Steuergutscheine zu gelangen, müssen sämtliche fällig gewordenen Steuern in der Zeit vom 1. 10. 1932 bis 30. 9. 1933 – bis spätestens am 30. 9. 1933 – entrichtet werden. Später eingehende Steuern werden nicht mehr zur Erlangung der Steuergutscheine in Anrechnung gebracht.«
Darauf folgen Namen, die aber durch Wurmfraß weitgehend unleserlich geworden sind. Am eisernen Ring des Knüppels hängt eine Papptafel, der Laufzettel, mit Namen und Daten des »An- und Abgangs«. Die letzte noch leserliche Eintragung lautet: »24. 9. 33, 13 Uhr«. Zum Thema der Nachrichtenübermittlung gibt es eine vermutlich nicht ganz ernst zu nehmende Geschichte, die unsere Großeltern über den früheren Bürgermeister Gustav Möller erzählten. Wenn unser Bürgermeister damals eine Nachricht besonders schnell in der Gemeinde verbreitet haben wollte, so setzte er angeblich eine geheime Ratssitzung an, weil er genau wußte, daß spätestens eine halbe Stunde nach Ende der Versammlung der ganze Ort den Inhalt der Gespräche kannte.
Jedes Ratsmitglied erzählte auf dem Nachhauseweg allen, die er traf und vor allem seinen Nachbarn, natürlich hinter vorgehaltener Hand und unter dem Siegel höchster Verschwiegenheit, was in der Ratsversammlung besprochen worden war.
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