Quelle:

Text: Ernst Friedrich – veröffentlicht in den Bevenser Nachrichten – März 1999

Eine lustige Anekdote aus vergangenen Tagen

Wenn früher eine Konfirmation ins Haus stand, dann rannte schon mindestens acht Wochen vorher die ganze Familie wie eine Schar aufgescheuchter Hühner umher.

Auch bei Meyers sollte eine Konfirmation gefeiert werden. Schon Wochen vorher wurde geputzt und renoviert auf Teufel komm raus. Der alte Meyer litt Höllenqualen, seine Frau warf seiner Ansicht nach das Geld mit vollen Händen aus dem Fenster. Nachdem nun alles auf das Prächtigste renoviert worden war – man mußte vor der Verwandtschaft doch ordentlich angeben können – fiel Meyers Frau auf, daß man ja eigentlich auch gleich die Toilette hätte neu streichen lassen können.

Nun muß man wissen, daß noch bis Ende der fünfziger Jahre hölzerne Plumpsklos in vielen Häusern zu finden waren. Wegen des wirklich höllischen Gestanks, den diese Toiletten verbreiteten, waren sie meistens im Stall oder einem Nebengebäude untergebracht. Oft war es auch ein kleines Häuschen auf dem Hof oder im Garten, das direkt über die Jauchengrube gesetzt wurde. Zur Belüftung hatten diese Toilettenhäuschen meistens ein kleines Herz in der Tür. Das war auch sehr wichtig, denn im Hochsommer konnte man in diesen kleinen Räumen kaum atmen, ohne einfach umzufallen. Auch bei Meyers war das Plumpsklo im Stallgebäude untergebracht, wie auch die Pinkelrinne für die Herren des Hauses. Meyers Frau fiel also auf, daß die Toilette in einem erbarmungswürdigen Zustand war, und sie war der Ansicht, daß der Maler unbedingt noch einmal kommen müsse, um die anrüchigen Räume mit einem neuen Anstrich zu versehen. Ihrem Mann wurde es nun aber doch zuviel. Noch einmal den Maler kommen lassen, noch einmal Geld ausgeben, das ging einfach zu weit. Er beschloß, die Toilette selber zu renovieren. Bei dem alten Malermeister Peek konnte er günstig ein paar uralte Tapetenreste ergattern. Zum Ankleben rührte er einen halben Eimer Kleister aus Roggenmehl an. Und dann wurde der Lokus tapeziert, nicht besonders akkurat, aber schön bunt.

Frau Meyer war morgens immer die erste, die im Gange war. Frühstück mußte auf den Tisch, die Ofen mußten angeheizt werden. Aufgaben, die von jeher den Hausfrauen zufielen. Zwischendurch ging sie schnell zur Toilette auf dem Hof. Wenig später schreckte ein gellender Schrei die ganze Familie auf. Schlimmes befürchtend, rannte ihr Mann auf den Hof und sah seine Frau kreidebleich und lang ausgestreckt ohnmächtig vor der offenen Lokustür liegen. Als er in die Toilette sah, erkannte er, warum seine Frau umgefallen war. Über Nacht hatten sich die damals reichlich vorhandenen Ratten in der Toilette amüsiert. Angelockt vom Geruch des frischen Roggenkleisters waren die Ratten über die Tapeten hergefallen und hatten ganze Bahnen von der Wand gefressen. Der Maler wäre wohl kaum auf die Idee gekommen, eine Toilette zu tapezieren. Nach diesem Vorfall mußten die Tapetenreste von der Wand gekratzt und die Toilette gestrichen werden. Der Maler mußte also doch noch einmal ran, und Meyer mußte noch einmal Geld ausgeben.

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