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TEXT: TINO WAGNER, VERÖFFENTLICHT: IM „BLICKPUNKT“ (JULI 2018).

1914 ermittelt die Gendarmerie nach einem Raub im Rießel

Es ist der 9. Juli 1914. Im Flecken Bevensen beginnt der Tag gewohnt ruhig, die Menschen gehen ihrem Tagewerk nach und tratschen auf den Straßen über die jüngsten Ereignisse.

Da stürzt ein Mann in das Büro des Gendarmerie-Wachtmeisters und berichtet diesem, überfallen worden zu sein. Bei dem mutmaßlichen Opfer handelt es sich um einen Kutscher der Firma Thams & Garfs aus Lüneburg. Er sieht übel zugerichtet aus, mit Würgemalen am Hals, zahlreichen Kratzwunden und einer Beule am Kopf.

Der Kutscher schildert, was ihm zugestoßen ist: Er sei zu Fuß im Rießel unterwegs gewesen, um eine verlorene Wagenbuchse zu suchen. Im Wald habe ihn ein auffallend gut gekleideter Fremder angesprochen, ihn zunächst um Feuer gebeten. Danach fragte er noch nach 15 Pfennig, die ihm angeblich für eine Übernachtung in einer Herberge fehlten. Als der Kutscher daraufhin seinen Geldbeutel zog, sprang ihm der Kerl an die Kehle. Mehrere Männer verprügelten und beraubten den Kutscher – schließlich habe er das Bewusstsein verloren. Als er wieder zu sich gekommen sei, hätten ihm neben dem Geldbeutel mit angeblich 600 Mark auch seine Taschenuhr und weitere Gegenstände gefehlt.

Raub

Die Allgemeine Zeitung berichtet im Juli 1914 über einen Raubüberfall im Rießel.

Der Beamte alarmiert mit dem Fernsprecher die benachbarten Gendarmeriestationen und fordert den Bevenser Polizeihund an. Die Täter müssen noch in der Nähe sein; um sie aufzuspüren, ist jede Hilfe willkommen. Während es in den großen Städten bereits eigene Schutzmannschaften der Polizei gibt, werden die polizeilichen Aufgaben auf dem Land von der preußischen Landgendarmerie wahrgenommen: Ordnungsdienst, Festnahmen, Verhöre und immer zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs.

Zufällig befindet sich an diesem Tag ein Auto in Bevensen, das sogleich nach Uelzen fährt, um den Polizeisergeanten Lühmann und den Kreis-Polizeihund herbeizuholen. Ein wahrhaft glücklicher Umstand, schließlich gibt es zu dieser Zeit nur wenige Autos – mit einem durchschnittlichen Anschaffungspreis von 10 000 Mark können sich nur sehr reiche Leute dieses Statussymbol leisten.

Eine aufwendige Suche beginnt. Aber alle Versuche, die Hunde auf die Spur der Verbrecher zu führen, bleiben erfolglos. Auch nach mehrmaligen Anläufen endet die Suche stets an einem Telegrafenmast. Die Beamten werden misstrauisch und haken nach. Am nächsten Morgen gesteht der Kutscher schließlich, den Überfall erfunden zu haben, um einen Schaden zu decken, der ihm durch das Schmelzen von Butter entstanden war. Da er keinen anderen Ausweg wusste, vergrub er den Geldbeutel am Telegrafenmast und verletzte sich anschließend selbst, um glaubwürdiger zu wirken.

Am Telegrafenmast finden die Beamten dann auch den Geldbeutel mit 350 Mark. Die Ermittlungen in diesem Raubüberfall, bei der viele Personen um ihre Nachtruhe kamen, finden somit ein schnelles Ende.

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