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TEXT: Tino Wagner, Quelle: STADTA BB, K52-2007/066 und A2060-2008/128 sowie diverse Zeitungsartikel der Allgemeinen Zeitung der Lüneburger Heide

Bad Bevensen hatte ein Museum der 50er Jahre

Ein detailgetreu eingerichtetes Jugendzimmer, ein alter Braun-Plattenspieler und dann noch die komplett eingerichtete Küche: Zahlreiche Alltagsgegenstände, die das Gefühl eines ganzen Jahrzehnts vermitteln, hat der Sammler Wilfried Kindlein in den vergangenen Jahrzehnten zusammengetragen. Er besuchte Flohmärkte und war immer unterwegs, wenn Sperrmüll war. „Da stand fabrikneue Ware am Straßenrand, die keiner haben wollte“, äußerte Kindlein rückblickend.

Das Museumskonzept besaß eine besondere Anziehungskraft. Gedenken an die Alltagskultur der Nachkriegszeit, in der sich die Menschen mit vollem Elan auf den Wirtschaftswunderweg begaben. Das Jahrzehnt in dem Deutschland erstmalig Fußball-Weltmeister wurde und Elvis Presley den Musikgeschmack der Teens prägte. Die Sammlung war aber auch eine Stätte gegen das Vergessen an eine Zeit, in der sich die Deutschen aus vielerlei Gründen nur ungern mit ihrer unmittelbaren Vergangenheit beschäftigten.

Das ursprünglich an der Uelzener Schuhstraße 28 beheimatete Museum musste geschlossen werden, da die Miete verdreifacht wurde und der 1988 gegründete „Förderverein des Museums der 50er Jahre“ die Kosten nicht mehr stemmen konnte. Seit der Schließung im August 1991 lagen die Exponate eingemottet auf einem Speicher. So musste Kindlein nach einer neuen Heimat für seine Schätze suchen. Schon ein Jahr später schien eine Zukunft in Bad Bevensen denkbar. Das Interesse war groß. Insbesondere dem Bürgermeister Knut Markuszewski war die Angelegenheit eine Herzenssache, die er mit Nachdruck verfolgte. Aber auch Firmen, Privatpersonen und Vereine boten ehrenamtliche und finanzielle Unterstützung an.

Geeignete Räumlichkeiten waren bald gefunden. Die Bundesbahn erklärte sich bereit, den ersten Stock des Bahnhofsgebäudes zu vermieten – für 300 Mark Kaltmiete monatlich. Anfang Oktober 1992 konnte Kindlein die Schlüssel entgegennehmen. Trotz finanzieller Engpässe stellte die Stadt Bad Bevensen eine Anschubfinanzierung von 3000 Mark zur Verfügung, auch eine jährliche Unterstützung von 1300 Mark stand in Aussicht. Aber es sollte noch ein langer beschwerlicher Weg werden. Zunächst mussten die Räumlichkeiten den Erfordernissen der Sammlung angepasst werden. Wände wurden eingerissen und Türen zugemauert, Fußbodenbelag verlegt und Rauhfasertapete geklebt. Bad Bevenser Geschäftsleute stellten benötigtes Material zum Teil günstig oder gar kostenlos zur Verfügung. Die geplante Eröffnung musste mehrfach auf die lange Bank geschoben werden − immerhin war Wilfried Kindlein berufstätig und an den Wochenenden meist alleine auf der Baustelle.

Museum der 50er Jahre

Nach zahlreichen Verhandlungen und einem vierjährigen Umbau war es schließlich geschafft. Das Museum der 50er Jahre konnte im Obergeschoss des Bad Bevenser Bahnhofes abschließend eingerichtet werden. Der internen Eröffnung am 30. August 1997 stand nun nichts mehr im Wege. Ab dem Folgetag konnten Besucher jeweils an den Wochenenden und an Feiertagen eine kleine Zeitreise unternehmen. Sie fanden eine vom Detail lebende Erlebnislandschaft vor − von allgemeinen Vorabinformationen über die 50er Jahre bis hin zu einer komplett eingerichteten Wohnung eines Durchschnittshaushalts. Nicht nur mit Luxusgegenständen ausgestattet, sondern mit Alltagsgegenständen, Bekleidungsstücken und Verbrauchsgütern, wie sie einst auch in der Mehrzahl der Haushalte zu finden waren.

Durch die Kurgäste am Ort und die werbegünstige Lage schien ein stetiges Besucheraufkommen gesichert, über mangelndes Interesse konnte Kindlein auch nicht klagen. Acht Jahre lang erfreute das Museum die Besucher, aber Ende Mai 2005 platzten alle Träume. Das Museum der 50er Jahre muss schließen. Die Bahn kündigte den Mietvertrag, da Kindlein nicht mehr in der Lage war, die monatliche Miete zu stemmen. Die Ausstellungsstücke, die eine Ära und ihren Lebensstil dokumentierten, die für die Hoffnungen und das Wir-Gefühl einer Generation standen und damit ein wertvoller Beitrag zur allgemeinen Spurensicherung waren, verabschiedeten sich aus der Kurstadt. Teile der Sammlung waren später unter anderem im Lüneburger Salzmuseum zu sehen.

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